Die Geschichte der Philippinen

 Die Philippinen waren bis zur spanischen Kolonisation mehr oder weniger am Rande der geschichtlichen Ereignisse im südost-asiatischen Raum. Die Bewohner des Archipels haben an den großen kulturellen und staatlichen Entwicklungen Südost-Asiens, die vor allem unter indischem Einfluss entstand, sich aber nie auf die Philippinen ausdehnte. Ebenso wurden die Philippinen nie von dem im 13. Jahrhundert dominierenden Königreich Majapahit beherrscht. Umliegende Inseln, wie Borneo, Celebes, Sumatra und West Java unterlagen jedoch diesem Einfluss.

 Erst später kam es durch Händler und Einwanderer zu einer Ausbreitung indischer Einflüsse. Die später einsetzende Islamisierung der süd-philippinischen Inseln und die mit der Kolonisation durch die Spanier einhergehende Christianisierung haben jedoch die Elemente der indischen Hochkultur weitgehend überdeckt. 

Einen anderen Charakter hatten die Beziehungen Chinas zu den Philippinen. Sie waren in erster Linie von wirtschaftlichen Interessen geprägt. Die Anfänge der chinesisch-philippinischen Handelskontakte liegen im zweiten vorchristlichen Jahrhundert. Eine Intensivierung erfuhr der Warenaustausch jedoch erst seit dem 7. Jahrhundert, als sich China zu einer Seemacht entwickelte. Zu den Handelsplätzen der Chinesen zählten damals die Inseln Luzon, Mindoro und Palawan. Im 11. Jahrhundert gründeten sie dort feste Niederlassungen, in die später chinesische Einwanderer strömten. Lange Zeit dienten philippinische Häfen auch arabischen Seehändlern, denen zeitweise der Zugang zu chinesischen Häfen verwehrt war, als Warenumschlagplätze und Treffpunkt mit chinesischen Kaufleuten. Ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Rolle zeigten chinesische Händler und Siedler nie größere Ambitionen, auf den Philippinen ihre Religion, ihre Kunst oder ihre Lebensweise zu verbreiten. 

Die Islamisierung der süd-philippinischen Inseln

 Die Herrschaft des hinduistischen Großreichs Majapahit währte nur knapp zwei Jahrhunderte. Anfang des 16. Jahrhunderts brach das Imperium unter der Machtentfaltung des islamischen Reichs von Malakka zusammen. Der Islam gewann die Oberhand über ein Gebiet, das von der Malaiischen Halbinsel über den Malaiischen Archipel bis zu den süd-philippinischen Inseln reichte. In seinem Gefolge bildeten sich Muslimstaaten, die indische und islamische Elemente zu einer Einheit verschmolzen.

 Der Islam hatte Südost-Asien entlang der Handelswege erreicht. Bereits in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten waren arabische Händler über die Grenzen des asiatischen Kontinents hinaus in die west-pazifische Inselwelt vorgestoßen. Manila wurde im 12 Jh. einer ihrer bedeutendsten Handelsplätze im südost-asiatischen Raum. Erst gegen Ende des 14 Jahrhunderts begannen islamische Gelehrte, von Borneo her vordringend, auf den Sulu-Inseln ihr Missionswerk. Im Jahre 1380 erreichte der Araber Karim al Makdum die kleine Insel Simunul und ließ dort die erste Moschee auf den philippinischem Boden erbauen. Zu einer Ausbreitung des Islams kam es aber erst gegen 1450 mit der Ankunft von Abu Bakr aus Johore, der von Brunei die Insel Jolo unterwarf und dort ein Sultanat gründete. Die arabisch-malaiischen Eroberer-Missionare erwiesen sich als humane Kolonisatoren, die den Islam nicht mit dem Schwert verbreiteten, sondern versuchten, mit Toleranz und Diplomatie ihre Interessen mit denen der Einheimischen zu verbinden. Die meisten süd-philippinischen Stämme nahmen die neue Lehre willig an, nur wenige weigerten sich und wichen in die Berge zurück. Mit dem Koran gelangten auch die arabische Schrift, orientalische Kunst, arabisches Recht und der arabische Kalender auf einen Teil der philippinischen Inselwelt. Bis Mitte des 16. Jahrhunderts war der Islam punktuell auf der Hauptinsel Luzon vertreten. Eine weitere Ausdehnung der Einflusssphäre der „Söhne Allahs“ verhinderte erst die spanische Kolonisation. 

Die spanische Kolonisation 

Die erste und wohl auch bekannteste Begegnung zwischen der westlichen Welt und den Philippinen, ist Ferdinand Magellan zu verdanken. Am 16.03.1521 ankerte er im Golf von Leyte bei der unbewohnten Insel Homonhon. Er war zwei Jahre zuvor aufgebrochen, um einen Seeweg nach Indien zu finden. Magellan nannte die Inseln, für die er im Namen Kaiser Karl V. Besitzansprüche geltend machte, Archipelago de San Lazaro.

 Ende März 1521 erreichte die spanische Flotte die kleine Insel Limasawa, wo Magellan mit dem Stammesfürsten Rajah Kolambu einen Blutsbund schloss. Am 07.04.1521 landete Magellan auf Cebu, damals eine bedeutende Handelskolonie arabischer, chinesischer und siamesischer Kaufleute. Es folgten ein Blutspakt mit dem Inselherrscher Rajah Humabon und wenig später die Konvertierung Humabons zum christlichen Glauben. Nur einer der lokalen Stammeshäuptlinge, Lapu-Lapu von der Insel Mactan, widersetzte sich allen Missionierungsversuchen.

 Mit der falschen Gewissheit, die militärische Überlegenheit zu besitzen, entschloss sich Magellan am 27.04.1521 zum Angriff. Bei dem Landungsversuch auf Mactan fand er jedoch den Tod, als sich seine kleine Schar von 60 bewaffneten Spaniern einer Übermacht von 2000 eingeborenen Kriegern gegenüber sah. Diese Übermacht kämpfte nur mit Lanzen und in Feuer gehärteten Stöcken, gegen die technisch besser ausgerüsteten Spanier. Aufgrund ihrer schweren Rüstung und der Tatsache, das Lapu-Lapu die Angreifer bereits im seichten Wasser akttaktierte, konnten die Spanier ihre eigentliche Kampfkraft nicht voll entfalten. Die Eingeborenen waren mit ihren Stöcken und Lanzen wendiger und bewiesen mit ihren eigenen Waffen eine ungeheure Schnelligkeit im Kampf. Magellan selbst wurde in dieser Schlacht getötet. 

Lapu-Lapu ging so als frühester Freiheitsheld der Philippinen in die Geschichte ein, konnte mit seiner Tat jedoch die Eroberung und Christianisierung der Inseln nicht aufhalten.

 Nach dem Tod Ihres Generalkapitäns setzte die nur noch aus zwei Schiffen und einer stark dezimierten Besatzung bestehende Armada ihre Reise Richtung Westen fort. Lediglich ein Schiff vollendete im September 1522 die erste Weltumsegelung der Geschichte und erbrachte damit den Beweis für Galileis These von der Kugelgestalt der Erde. Der Erlös für die wertvolle Ladung der „Viktoria“ – vorwiegend Gewürze von den Molukken – war um ein vielfaches höher, als die Kosten für die aufwendige Expedition. So war selbstverständlich das Interesse an den Inseln sehr groß. 1542 wurde das Inselreich zu Ehren Philipp II. von Spanien auf den Namen Filipinas getauft. 

Die 333jährige spanische Kolonialherrschaft über die Philippinen begann aber erst 1565. Im März 1565 erreichte eine spanische Flotte unter Miguel Lopez de Legazpi die Küste von Bohol. Geschickt schloss der spanische Konquistador Blutsbrüderschaft mit Stammeshäuptlingen. Wo Diplomatie nicht half, setzte er die Überlegenheit der spanischen Waffentechnik mit vorausschauender Taktik ein. Am 27.04.1565 nahm er die Insel Cebu in Besitz und gründete bald darauf die Stadt Cebu, die bis 1571 als Hauptstadt der spanischen Kolonie diente. Von dieser befestigten Wehrsiedlung erweiterten die Spanier ihren Machtbereich.

Nach der Unterwerfung der Inseln Panay, Masbate und Mindoro folgte 1571 die Eroberung von Maynilad, einem kleinen muslimischen Fürstentum auf der Insel Luzon. An der Stelle des Palisadenforts gründete Legazpi im Juni 1571 eine von Mauern geschützte Stadt mittelalterlich-spanischen Stils, die über drei Jahrhunderte das Kernstück der spanischen Kolonie in Südost-Asien bleiben sollte – Manila. Nach dem Tod Miguel Lopez de Legazpi im August 1572 war die Eroberung des Archipels abgeschlossen. Mit Ausnahme der muslimischen Sultanate von Mindanao und dem Sulu-Archipel kontrollierten die Spanier Ende des 16. Jh. die philippinische Inselwelt.

 Die Spanier teilten das ehemalige Stammesland in Encomiendas genannte Verwaltungsbezirke ein und übereigneten diese verdienten Persönlichkeiten. Ebenso wie die Aristokratie und die traditionelle einheimische Nibilität gelangte auch die katholische Kirche durch das Encomienda-System in den Besitz riesiger Bezirke. Die Encomienderos knechteten ihre Untertanen durch Tribute, von denen sie einen Teil an die Krone abführen mussten. Sie führten ein Zwangsarbeitssystem ein, das alle männlichen Filipinos im Alter zwischen 16 und 60 Jahren dazu verpflichtete, 40 Tage im Jahr unentgeltlich zu Arbeiten, etwa den Bau von Kirchen, Festungen und Straßen, auszuführen. 

Über 250 Jahre lang waren die Philippinen Kronkolonie unter Spaniens Vizekönig in Mexiko. Erst nach der mexikanischen Revolution im Jahre 1821 wurden die Inseln Madrid unterstellt und bekamen Sitz und Stimme in der Cortes, der legislativen Gewalt im Mutterland. 

In der Zeit von 1578 bis Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die Spanier immer wieder gegen muslimische Piraten, aber auch gegen Portugiesen und Holländer zu kämpfen. Dazu gab es durchschnittlich alle fünf Jahre einen Aufstand unzufriedener Einheimischer. Meist handelte es sich nur um lokale Erhebungen, ausgelöst durch Zwangsarbeit, Tributpflicht oder Übergriffe von Großgrundbesitzern. Erst in der zweiten Hälfte des 19 Jh., als sich immer mehr Filipinos ihrer Diskriminierung und wirtschaftlichen Benachteiligung bewusst wurden, nahm der Nationalismus, dessen Kern der Befreiungsgedanke vom kolonialen Joch war, schärfere Konturen an. Überall im Lande entstanden Freiheitsbewegungen, die von einem liberal gesonnenen Mestizen-Bürgertum, einheimischen christlichen Priestern und bäuerlichen Sozialrevolutionären getragen wurden. 

Am 20.01.1872 begann der nationale Unabhängigkeitskampf mit der Meuterei von 200 philippinischen Soldaten gegen ihre spanischen Vorgesetzten. Dieser Aufstand wurde zwar niedergeschlagen, doch setzte er erste Zeichen für das Streben nach Freiheit und Unabhängigkeit. Nach 25 Jahren der Revolution sah sich der Generalgouverneur 1897 gezwungen, den Vertrag von Biak-na Bato zu unterzeichnen. Dieses Abkommen verpflichtete die Spanier, das Reformprogramm der Unabhängigkeitsbewegung, das auch die Ausweisung der Orden und die rechtliche Gleichstellung der Filipinos mit den Spaniern forderte, zu akzeptieren. 

Am 20.04.1898 einige Wochen nachdem das amerikanische Kriegsschiff „Maine“ unter geheimnisvollen Umständen im Hafen von Havanna – Kuba war damals ebenfalls spanische Kolonie – explodiert war, erklärte die junge Großmacht USA Spanien den Krieg. Zehn Tage später zerstörte das amerikanische Pazifikgeschwader unter dem Kommando von Admiral George Dewey die spanischen Kriegsschiffe in der Bucht von Manila und leitete eine fast vier Monate dauernde Blockade der Hauptstadt ein. General Emilio Aguinaldo, der Führer der philippinischen Nationalisten, verbündete sich mit den Amerikanern, von denen er als Gegenleistung die Zusicherung der Unabhängigkeit erhielt, und kontrollierte mit seinen Truppen bald das Gebiet um Manila. Am 12.06.1898 proklamierte er in Kavit bei Manila die Unabhängigkeit der Philippinen. In der Zwischenzeit führten die Amerikaner mit den belagerten Spaniern Geheimverhandlungen und nahmen Manila am 18.08.1898 nach einem Scheingefecht ein. 

Grund für das ungewöhnliche Abkommen war, das die Spanier ihr Gesicht waren wollten und sich den weißen Amerikanern, nicht aber den braunen Aufständischen ergeben wollten. Am Ende des spanisch-amerikanischen Krieges stand der Friedensvertrag von Paris1898, in dem sie Spanier den USA die Philippinen und andere überseeische Besitzungen für eine Entschädigung von 20 Mio. Dollar überließen. Somit waren die Philippinen in den Besitz der USA übergegangen. 

Die amerikanische Kolonialepoche

 Als die Amerikaner im Sommer 1898 Manila attackierten, sahen die Filipinos sie als Bundesgenossen im Kampf gegen die verhasste Kolonialherrschaft. Die USA unterstützten die philippinische Revolution mit dem Ziel, die spanische Seeherrschaft im Pazifik zu brechen. Wirtschaftlicher Expansionsdrang, Bedarf an billigen Rohstoffen und Interesse an einer strategisch günstigen Basis vor dem Kontinentalrand Asiens waren weitere Gründe für die im Vertrag von Paris verankerte Annexion der Philippinen. 

General Emilio Aguinaldo der sich von den ehemaligen Verbündeten betrogen fühlte, begann nun einen Partisanenkrieg gegen die neuen Kolonialherren. Auf dem Höhepunkt des ersten Guerillakriegs in Asien banden die Auseinandersetzungen zwei Drittel der US-Streitkräfte auf den Philippinen und nahmen an Brutalität den Vietnam – Krieg vorweg. Nach zwei Jahren erbitterten Kampfes, bei dem 4000 US – Soldaten, 16.000 Katipunan- Rebellen und 200.000 Zivilisten ihr Leben verloren, gab sich Aguinaldo geschlagen und legte den Treue Eid auf das Sternenbanner ab. 

Die Amerikaner errichteten eine Infrastruktur, schufen ein Verwaltungssystem und bauten Schulen sowie Krankenhäuser. Kein anderes Land haben die Amerikaner so lange und so nachdrücklich nach ihren Vorstellungen und Idealen prägen können, wie ihre fernöstliche Kolonie. Dabei wurden die Philippinen unter allen asiatischen Kolonialstaaten des 20. Jahrhunderts am liberalsten verwaltet. Philippinische Historiker sprechen von einer noblen Kolonialpolitik, die von allen während der US – Herrschaft über den Archipel amtierenden Präsidenten praktiziert wurde. 

Die von Präsident McKinley eingesetzte amerikanische Philippinen-Kommission entwarf ein politisches System, für welches das der USA als Muster diente. Im Jahre 1907 wurde eine gesetzgebende Versammlung eingeführt, 1916 versprach das Jones Gesetz den Philippinen die Unabhängigkeit, sobald eine stabile Regierung errichtet werden kann. Die Verabschiedung des Tydings- McDuffie – Gesetzes legte 1934 die Grundlage für die Schaffung einer Commonwealth – Regierung, die das Land in einer Übergangsperiode von zehn Jahren in die Unabhängigkeit führen sollte. Erster Präsident des am 15.11.1935 ausgerufenen Commonwealth of the Philippines war Manuel L. Quezon. 

Die Japanische Besatzungszeit 

Mit dem Überraschungsangriff japanischer Tiefflieger auf Pearl Harbor (Hawaii) brach am 07.12.1941 der Krieg im Pazifik aus. Einen Tag später landeten Truppen der japanischen Armee auf Mindanao und Nord – Luzon. Außerstande, die Offensive der Invasoren aufzuhalten, mussten sich die Einheiten der von US General Mac Arthur aufgebauten philippinisch – amerikanischen Streitkräfte auf die Festungsinsel Corregidor in der Manila Bucht und in die Bergdschungel der Bataan-Halbinsel zurückziehen.

 Nach hohen Verlusten auf Bataan und nachdem Präsident Quezon und General Mac Arthur nach Australien geflohen waren, streckten die philippinisch – amerikanischen Truppen die Waffen. Ihre Kapitulation am 09.04.1942 leitete eines der dunkelsten Kapitel in der philippinischen Geschichte ein: Den „Todesmarsch von Bataan“. Rund 76.000 alliierte Kriegsgefangene mussten den über 100 km langen Weg in die japanischen Lager von Capas in der ProvinzTarlac antreten; nur 56.000 erreichten ihr Ziel, weitere 24.000 starben in den Lagern. 

Die japanische Propaganda hatte während der Invasion die Einheiten der Völker Asiens beschworen und den Filipinos die Befreiung von der amerikanischen Kolonialherrschaft versprochen. Während ihrer dreijährigen Besatzungszeit errichteten die Japaner jedoch ein Regime des Schreckens und machten sich durch Willkürakte und Grausamkeiten verhasst. Zwar kollaborierten einige hohe philippinische Beamte und Großgrundbesitzer mit der Besatzungsmacht, doch die Mehrheit der Bevölkerung unterstützte die antijapanische Widerstandsarmee Hukbalahap, Volkkämpfer gegen Japan, kurz Huk. 

In Verlauf einer Gegenoffensive konnte General Douglas MacArthur sein Versprechen „I shall return !“ [engl. „Ich werde zurückkommen !“] einlösen. Am 20.10.1944 ging er in Begleitung der philippinischen Exilregierung am Red Beach bei Tacloban auf Leyte an Land. Im Januar 1945 erreichten die amerikanischen Einheiten Luzon. Manila wurde bei der Rückeroberung im Februar fast völlig zerstört.

 Am 04.07.1946 wurden die Philippinen als erste Kolonie Asiens in die Unabhängigkeit entlassen.